Lieber René,
Pünktlich zur Umstellung der Uhren auf Sommerzeit kam der Winter noch einmal zurück, mit grimmigen Nachtfrösten bis zu -9°C – obwohl es dem Kalender nach eigentlich bereits Frühling ist.
Allerdings sind die Tage nun oft sonnig und mild, also hält sich das Eis auf dem See kaum mehr bis Mittag.
Unberührt vom Wettergeschehen, tummeln sich auf den Fensterbrettern schon verschiedene Vorkulturen – Chili, Paprika, Tomaten, Rosenkohl, diverse Kräuter…es wird wieder einmal eng, und Zimmerpflanzen und Dekoration müssen ausweichen.
Die Coronavirus-Pandemie hat die Welt fest im Griff, alles ordnet sich dem Kampf gegen den unsichtbaren Feind unter. Die Leute halten betont Abstand voneinander, die Kasse im Konsum befindet sich nun hinter einer überdimensionalen Plexiglasscheibe, und die Bewohner des Altenheims dürfen nicht mehr besucht werden – und überhaupt ist der grau- und weißhaarige Teil der (menschlichen) Dorfbevölkerung komplett aus dem täglichen Bild verschwunden.
Masha und ich üben Fahrradfahren. Das heißt – ich fahre Fahrrad und sie läuft nebenher. Die Herausforderung dabei ist, daraus eine möglichst synchrone Bewegung zu machen: loslaufen wenn ich losfahre, stehenbleiben wenn ich anhalte, gleiches Tempo halten.
Beim schnellen Trab legt sie etwa 8-10 km/h vor – das lässt sich relativ locker und im Prinzip unbegrenzt halten. Ein entspannter Galopp liegt bei etwa 14-16 km/h, und zwei Kilometer sind auch dabei kein Problem.
Trete ich richtig los, mit etwa 22-25 km/h, dann wird’s nichts mit Synchronisation – dann wird daraus ein Wettrennen und schon nach kurzer Strecke sprintet Masha mit einem Wuff an mir vorbei und voller Begeisterung voraus. Catch me if you can…
Als problematisch erweist sich das Absteigen und Schieben. Dann beginnt sie zu bellen und in die Pedale zu beißen – bis ich endlich wieder aufsteige und weiterfahre. Langsam geht nicht. Wenn das Ding schon mitkommt, dann bitte auch fahren.
Und das ist es wohl: auf dem Drahtesel lege ich endlich mal ein für Masha angenehmes Tempo vor – Trab ist für sie die bequemste und effizienteste Gangart, aber eben zu schnell für meinen Spazierschritt.
Richtungswechsel und Start-Stop klappen solange keine kritischen Ablenkungen kommen wie beispielsweise ein plötzlich auftauchender Bamse. Aber das ist halt eine Trainingsfrage. Jetzt geht’s erstmal ums Grundprinzip, und da bin ich schon recht zufrieden.
Masha’s Hautzustand hat sich enorm verbessert – Juckreiz, Krusten und Schuppen sind fast komplett verschwunden, und das Fell beginnt bereits nachzuwachsen. Allerdings waren letztlich doch Antibiotika erforderlich, da die kleinen Gänge in der Haut mit – bei intakter Haut eigentlich harmlosen – Bakterien besiedelt und entzündet waren.
Ihre Isolation von anderen Hunden ist auch fast vorbei – noch vier Tage, dann darf sie wieder ihre Freunde treffen.
Leider musste Bamse’s Frauchen plötzlich ins Krankenhaus – erst eine Hirnblutung, und dann Corona. Es wird wohl noch einige Zeit dauern bis sie wiederkommt – aber soweit scheint sie sich ganz gut zu erholen.
Die Urne ist inzwischen auch in dein Grab eingezogen. Ein schöner Platz, oben an der Mauer gegenüber vom Eingang der Kirche. Nach Osten überschaut man den Friedhof und jenseits davon den Hügel hinauf in Richtung Aboda-Klint, und nördlich liegt die Pferdekoppel des Haflinger-Gestüts.
Mit der Bepflanzung müssen wir noch ein wenig warten, bis der Grabstein fertig und aufgestellt ist. Dann wird es davor einen Rabattenkasten geben – eine smarte Konstruktion mit Wasser-Reservoir, damit die Pflanzen darin nicht so leicht austrocknen. Zwei Töpfe mit Stiefmütterchen haben wir aber schon mal hingebracht – ein bisschen Farbe zum Frühlingsanfang.
Über der alten Eisenbahnbrücke kreiste heute ein großer Adler – ein eindrucksvoller Vogel mit enormer Spannweite. Leider hatte ich die Kamera nicht dabei, sonst hätte ich dir ein Foto mitgeschickt.