Ein gewisser Vierzehnjähriger versucht mir weiszumachen dass in ein paar Tagen ein neues Jahrzehnt der Zeitrechnung AD (anno domini) beginnt, und so klingt es tatsächlich auch in den Medien.
Nun kennt die Zeitrechnung AD aber kein Jahr 0 – das erste Jahrzehnt umfasste also nicht die Jahre 0 bis 9, sondern 1 bis 10.
Das zweite Jahrzehnt AD begann demnach mit dem Jahr 11 und endete mit dem Jahr 20, und so weiter – und folglich begann das laufende zweihunderterste Jahrzehnt AD mit dem Jahresanfang 2011 und endet am 31.12.2020.
Das neue Jahrzehnt AD beginnt daher erst am 01.01.2021. Mathematisch gesehen also, aber wen kümmert das schon…schliesslich feierten wir den Anfang des dritten Jahrtausends AD auch ein Jahr zu früh.
Und genau genommen begann die Zeitrechnung AD auch nicht mit dem Jahr 1, sondern mit dem Jahr 532 – und auch diese Zahl war seinerzeit einfach eine Behauptung die auf einer (vermutlich recht guten) Schätzung beruhte.
Wenn die Behauptung dass das laufende Jahrzehnt AD in der kommenden Woche zu Ende geht also falsch ist, warum ist sie dann so relevant?
Jahreszahlen-Mystik im Zeichen der Hoffnung? Können wir die zermürbende Gegenwart endlich hinter uns lassen, und mit der Zukunft anfangen in der es uns allen und unserer Welt besser ergehen wird?
Konnten wir das jemals zuvor?
Oder ist es vielmehr die Suche nach einem Abschluß, nach Distanz, um zurückblicken und reflektieren zu können, das Erlebte zu begreifen und Sinn darin zu finden? Begreifen mittels Zuordnen eines Begriffs – ”die 2010er” also?
Das trifft wohl eher den Kern der Sache – und in diesem Sinne bin ich gewillt über die mathematischen Feinheiten hinwegzusehen und den zurückliegenden zehn Jahren einen Namen zu geben und sie damit ein bisschen weiter von uns wegzurücken.
Mögen sie lehrreich sein und Staub ansetzen, die 2010er.