Seit meinem letzten Eintrag hier gab es insgesamt etwa 60mm Regen, verteilt auf acht relativ kurze Episoden. Seit über zwei Monaten liegen die Mittagstemperaturen über 25°C, teilweise bis in die mittleren Dreißiger.
Der Fluß ist zu einem schmalen Rinnsal zusammengeschrumpft, und im See fehlen fast zwei Meter Wasser. Mein Boot liegt schon seit Ende Mai auf dem Trockenen, eingekeilt von Steinen zwischen denen sich normalerweise die Barsche tummeln – letztere findet man statt dessen regelmäßig tot im handwarmen Uferwasser.
Das heißt…wenn man sich ans Ufer traut. Das liegt nämlich voller Müll: Getränkedosen, Plastiktüten, Eis- und Schokoriegelverpackungen, Chipstüten, Babywindeln und jede Menge weggeworfene Essensreste, teilweise mit Verpackungen und/oder Einwegbesteck. Dazwischen Kleinzeug: Metallverschlüsse, Zigarettenkippen, Zahnstocher, Haarspangen, Unmengen nicht identifizierbare Plastikteilchen und Papierfetzen, und vieles mehr. Der Wind verteilt die leichteren Teile, die Vögel die schwereren. Leider versucht so mancher Vogel den Kram auch zu fressen – und manchmal geht das grauenhaft schief, und so liegen auch ein paar Vogelkadaver dazwischen.
Der Campingplatz ist ständig voll…mit Wohnmobilen aus allen möglichen Ländern: vor allem aus Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz. Es wird ja deutlich weniger geflogen, des Klimas wegen – statt dessen kommt jetzt jeder einzeln mit dem eigenen – oder öfter noch – einem gemieteten Wohnmobil. Vor allem sieht man Werbeaufschriften von deutschen Verleihfirmen. Ein gut gehendes Geschäft, wie es scheint.
Leider zum Nachteil zweier unserer langjährigen Freunde von der Morgenrunde im angrenzenden Wald – Kreuzottern also: die eine wurde auf der Straße hinunter zum See überfahren, der anderen wurde gezielt der Kopf zertreten. Letzteres war nicht das Werk der Touristen, sondern des Campingplatzbetreiber zum Wohle der Touristen – ebenso wie das Abholzen einiger Birken um Platz für einen fünften Grillplatz (auf 50m Seeufer!) zu machen, und das Entfernen sämtlicher Ufervegetation und der darin versteckten Vogelnester, damit die Gäste freien Blick auf den See haben, sowie die Installation eines elektronischen Insektenvernichters mit 4000qm Reichweite, der sämtliche Fliegen, Mücken, Wespen und Nachtfalter aus dem Bereich zuverlässig absaugt.
Übrig geblieben ist ein verdorrter, zerfahrener, doppelreihiger Parkplatz für Wohnmobile an einem vegetationsfreien, mit Kies und Sand aufgeschüttetem Ufer, von dem sich das Wasser so weit zurückgezogen hat, dass das Kinderbad diesseits des Stegs komplett ausgetrocknet ist – und das ganze dekoriert mit einer Reihe Mülltonnen, aus denen sich die Krähen bedienen.
Die Natur wurde also gezielt aus dem Weg geräumt, damit sie die Gäste nicht belästigt. Alle sind begeistert – die Gäste aus Deutschland über das wunderbare Naturerlebnis, und der Campingplatzbetreiber über das gute Geschäft. Der daneben gelegene Fußballplatz bekam sogar den Preis für den schönsten Fußballplatz Südschwedens. Und alle klopfen sich über diesen gelungenen Sommer und die erfolgreiche Entwicklungsarbeit gegenseitig auf die Schultern.
Wieder einmal frage ich mich, wo mein Raumschiff ist.
Äußerlich sehe ich dieser Spezies von Menschenaffen zwar ähnlich, aber ich verstehe weder ihre Wahrnehmung noch ihre Vorstellungen oder Denkweise. Sie schaffen sich einen lebensfeindlichen, gefährlichen Bereich zur Erholung? Wir kommen ganz offensichtlich von verschiedenen Planeten – und ich sitze hier fest, weiß nicht wo mein Raumschiff ist. War das ein Unfall? Oder wurde ich hier zur Strafe ausgesetzt, und wenn ja – wofür?
In Oslo wird Freya, ein Walross das im Hafen Quartier bezogen hatte, wiederholt von schaulustigen Menschen belästigt. Um die Schaulustigen vor einer möglichen Selbstverteidigung von Freya schützen, wird sie eingeschläfert, ganz ”human”.
So kann es einem gehen, wenn man Menschen zu nahe kommt . Freya hatte leider nicht wie ich den Vorteil, ihnen so ähnlich zu sehen dass sie nicht merken dass man zu einer fremden Spezies gehört. Aber ich bin mir manchmal nicht sicher, ob meine Tarnung wirklich gut genug ist – und was, wenn ich auffliege?
Die kleinere der beiden Sequoias, die ich noch nicht eingepflanzt hatte, ist inzwischen die größere von den beiden – sie hat über den Sommer noch einmal einen kräftigen Schub gemacht, und ist inzwischen gute 40cm hoch, die Hälfte davon verholzt, und hat einen Stammdurchmesser am Boden von fast zwei Zentimetern.
Sie ist auch sehr gut verzweigt, und wie man sieht, sind die Blätter inzwischen nicht mehr nadelartig wie am Anfang, sondern schuppenartig, ähnlich wie bei Zypressen oder Thujas.
Außerdem haben mehrere kleine Kreuzspinnen sie ockupiert, als idealen Platz für ihre eleganten und teilweise recht fantasievollen Netze – die sie übrigens jeden Tag neu bauen. Das Bild oben ist von heute morgen, und ich habe neun Netze gezählt. Besonders spannend ist das verdrehte Drei-Ebenen-Netz in der Bildmitte – ein faszinierendes Bauwerk, das ich unbedingt einfangen musste.